Weltlesebühne e.V.
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Ontologie aus einfachen Dingen. Zbigniew Herbert wiedergelesen

Lesung und Gespräch mit Tomasz Różycki und Jan Wagner, dazu Dokumentarfilmmaterial aus den sechziger Jahren.

Moderation: Dorota Stroińska

Stellt man sich die polnische Literatur als Gebäude vor, müsste man ein geräumiges Berliner Zimmer darin einrichten. Viele bedeutende polnische Autorinnen und Autoren haben hier gelebt und geschrieben – durchaus nicht nur im Modus inniger Zuneigung. Die literarisch-urbane Osmose zeigt sich besonders eindrucksvoll im Werk Zbigniew Herberts (1924-1998), der prägend nicht nur für polnische, sondern auch für eine ganze Generation deutscher und angelsächsischer Lyriker der sechziger und siebziger Jahre wurde. Einer ideologisch kontaminierten Welt setze er eine „Ontologie aus einfachen Dingen“ entgegen. West-Berlin war Herberts Lieblingsstadt, schließlich begann seine internationale Karriere Mitte der sechziger Jahre als Gast der LCB-Veranstaltungsreihe „Ein Gedicht und sein Autor“. Über Herberts Poesie und Poetik, über ihre Wirkung und Inspiration für das eigene Schreiben sprechen die Lyriker und Übersetzer Tomasz Różycki, derzeit Gast des DAAD-Künstlerprogramms, und Büchnerpreisträger Jan Wagner, moderiert von der Literaturübersetzerin Dorota Stroińska. Dazu zeigen wir Filmausschnitte aus „Ein Gedicht und sein Autor“ vom Winter 1966/67 und aus einem Herbert-Porträt von Lore Ditzen (SFB 1969).

Tomasz Różycki (geb. 1970 in Opole, Polen) studierte Romanistik an der Jagiellonen Universität in Kraków, ist Lyriker, Essayist und Übersetzer französischer Lyrik (u. a. Artur Rimbaud, Victor Segalen, Jacques Burko und Stéphane Mallarmé). Seine Veröffentlichungen in deutscher Sprache umfassen lyrische Werke, darunter das epische Poem „Zwölf Stationen“ (übers. von Olaf Kühl, Luchterhand Literaturverlag, München 2009), einen Roman „Bestiarium“ (übers. von Marlena Breuer, edition.fotoTAPETA, Berlin 2016 ) und zuletzt den Gedichtband „Der Kerl, der sich die Welt gekauft hat“ (übers. von Bernhard Hartmann, edition.fotoTAPETA, Berlin 2018). Różycki, der gerade Stipendiat des Berliner Künstlerprogramms des DAAD ist, wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit Kościelski-Preis (2004), Brodsky-Preis (2006), Arts & Literary Prize 3 Quarks Daily, war Finalist des NIKE-Literaturpreises 2007, des Gdynia-Literaturpreises 2007, 2011 und des Wisława-Szymborska-Preises. Seine Gedichte wurden u. A. ins Spanische, Französische, Englische, Bulgarische, Deutsche, Litauische, Russische, Slowenische und Ukrainische übersetzt.

Jan Wagner (geb. 1971 in Hamburg) studierte Anglistik, u.a. am Trinity College in Dublin, ist Lyriker, Herausgeber und Übersetzer englischsprachiger Lyrik (u.a. Matthew Sweeney, Charles Simic, Robin Robertson, James Tate). Er debütierte mit dem Gedichtband „Probebohrung im Himmel“ (Berlin Verlag, Berlin 2001), seitdem veröffentlichte er zahlreiche Gedichtbände, zuletzt „Die Live Butterfly Show“ (Hanser Berlin, Berlin 2018), für die er vielfach ausgezeichnet wurde. Mit seinem Gedichtband „Regentonnenvariationen“ (Hanser Berlin, 2014) gewann er 2015 den Preis der Leipziger Buchmesse, 2017 wurde Jan Wagner mit dem Georg-Büchner-Preis geehrt. Seine Gedichte wurden in dreißig Sprachen übersetzt. Er ist u.a. Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der Bayerischen Akademie der Schönen Künste sowie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz.

Dorota Stroińska (geb. 1965 in Poznań, Polen) lebt seit 1986 in Berlin. Sie studierte Germanistik und Slawistik in Poznań, Berlin und New York. Seit 1994 arbeitet sie als Literaturübersetzerin aus dem Deutschen ins Polnische (u.a. Karl Jaspers, Rüdiger Safranski, Lutz Seiler, Christian Kracht, Sibylle Lewitscharoff, Ilse Aichinger). Ausgezeichnet mit dem Übersetzerpreis des polnischen Übersetzerverbandes (1998). Nominiert für den Mitteleuropäischen Literaturpreis ANGELUS (2018). Leiterin der Deutsch-Polnischen Übersetzerwerkstatt ViceVersa (seit 2008), Gründerin und Koordinatorin des deutsch-polnischen Übersetzerstammtisches „sztamtysz“ in Berlin (seit 2006). Forschungstätigkeit im Karl Dedecius Archiv am Collegium Polonicum (2010-2012), aus der zahlreiche Publikationen zur Theorie und Praxis literarischer Übersetzung hervorgingen. Regelmäßige Moderationen, Seminare, Veranstaltungen und Lesungen für erwachsene und junge Leser.

Eine Veranstaltung der Weltlesebühne e.V. in Zusammenarbeit mit dem Literarischen Colloquium Berlin. Gefördert vom Deutschen Übersetzerfonds e. V.

Berlin
12. Februar 2019 | 19:30 Uhr
Veranstaltungsort

Literarisches Colloquium Berlin, Am Sandwerder 5, 14109 Berlin

Eintritt

frei