Eine Diskussion zum Hieronymustag
„Übersetzen ist Hochstapelei. Du tust so, als wärst Du jemand anderes“ – so das Selbstbild eines Literaturübersetzers dieser Tage (Übersetzen 1/2024: 5). Tatsächlich beschäftigt die Frage danach, wer wen übersetzen darf, spätestens seit der Amanda-Gorman-Affäre die mediale Öffentlichkeit. Woke oder Wahn, das wollen wir hier klären, im Gespräch mit dem Übersetzer und Schriftsteller Michael Ebmeyer, der Autorin und Übersetzerin Judith N. Klein, die beide in sprachreflektorischen Essays und Romanen nicht zuletzt der Frage nachgehen, was jemand tut, wenn er oder sie sie oder ihn übersetzt, und wie weit das umstrittene Konzept der kulturellen Aneignung im Kanon klassischer Übersetzungs-Kriterien wie beispielsweise Empathie oder Kompetenz eigentlich trägt.
Michael Ebmeyer studierte Anglistik, Komparatistik und Empirische Kulturwissenschaft in Tübingen und Barcelona. Er ist als Verfasser von Erzählungen, Romanen und Sachbüchern bekannt, etwa „Gebrauchsanweisung für Katalonien“ (2007), „Der Neuling“ (2009), oder „Nonbinär ist die Rettung“ (2023), aber er ist auch Übersetzer: von Ausstellungstexten, Büchern und Essays, aus dem Englischen, Spanischen und Katalanischen. Ein Fokus liegt auf Lyrik aus Lateinamerika, z.B. von Néstor Mendoza oder Humberto Quino (erschienen bei hochroth:heidelberg), ein anderer auf der marokkanisch-katalanischen Erfolgsautorin Najat El Hachmi, von der er zwei Romane und einen Essay (für orlanda: berlin) ins Deutsche übersetzt hat: „Eine fremde Tochter“ (2020), „Am Montag werden sie uns lieben“ (2022), „Wir wollen die ganze Freiheit! Über Feminismus und Identität“ (2023). Über die Legitimität seines Tuns speziell im letzeren Fall denkt er in gleich zwei Toledo-Journalen nach, und ist deshalb die ideale Besetzung für einen Hieronymustag.
Judith N. Klein studierte Romanistik, Judaistik und Politologie in Marburg, Paris, Poitiers und Heidelberg, habilitierte mit einer Arbeit über Literatur und Genozid, lehrte 13 Jahre lang Sozial- und Literaturwissenschaften an Universitäten in Deutschland und Frankreich, wechselte sodann in ein freiberufliches Leben als Publizistin und Übersetzerin. Sie schreibt Rundfunk- und Zeitungsessays über Elias Canetti, Isabelle Eberhart, Romain Gary, Primo Levi, Miguel Torga, Simone Weil u.a.m., übersetzt Werke von Simone de Beauvoir, Jean-Paul-Sartre, Claude Chabrol, François Cheng u.v.a., befasst sich mit Übersetzungsgeschichte und -theorie und veröffentlicht eine Reihe narrativ-essayistischer Werke, darunter „Der feine Sand des Gedächtnisses. Jüdisch-maghrebinische Literatur der Gegenwart“ (1998), „Rückkehr nach Lindeira: Von vergangener Zukunft und gegenwärtiger Vergangenheit in Portugal“ (2007), „Paris, Exil. Mehr Wandern als Wohnen“ (2018), und den Erzählband mit dem sprechenden, vielversprechenden Titel: „Die Übersetzerinnen oder: Weil es in Deutschland keine Lamas gibt“ (2002).
Regina Keil-Sagawe lebt seit 1984 in Heidelberg, von wo aus sie Impulse für den Dialog mit dem Maghreb und seinen Literaturen setzt; sie übersetzt seit 35 Jahren Prosa und Lyrik aus dem Maghreb, u.a. von Albert Memmi und Mohammed Dib, Boualem Sansal und Mahi Binebine, Cécile Oumhani und Habib Tengour. Seit 2007 kuratiert sie den Heidelberger Maghrebtag, 2012 hat sie die Weltlesebühne in Heidelberg verankert.
Eine Veranstaltung der Weltlesebühne e.V. in Zusammenarbeit mit dem DAI Heidelberg und dem Heidelberger Literaturherbst. Wir danken dem Kulturamt der Stadt Heidelberg für die freundliche Unterstützung. Gefördert vom Deutschen Übersetzerfonds.
Link zu Veranstaltern vor Ort: hier klicken
Deutsch-Amerikanisches Institut Heidelberg
Sophienstraße 12, 69115 Heidelberg
frei