Mittelalterliche Fatrasien, postsowjetische Travestien
Mit Ralph Dutli und Sabine Stöhr
Michail Bachtin hat sie nicht gekannt, aber er hätte seine helle Freude daran gehabt: Die 55 anonymen „Fatrasien“ aus Arras, absurde Poesie des französischen Mittelalters, versetzen den Leser in die Bilderwelt des Hieronymus Bosch und vertauschen alles miteinander – das Heilige mit dem Profanen, Tod und Erneuerung, Zartes und Krudes, Erlesenes und Obszönes.
Bachtin, der russische Philosoph der Lachkultur, hat jedoch sicher Pate gestanden, als in der Ukraine die literarische Postmoderne in Gestalt von Juri Andruchowytschs „Perversion“ das Licht der Welt erblickte. In Venedig, der Stadt voller Abgründe und Schattenreiche, verliert sich die Spur des Helden Stanislau Perfezki. Hat dieser Künstler der Masken, der Fälschungen, Verdrehungen und anderer Per-Versionen sein Verschwinden nur inszeniert?
Ralph Dutli und Sabine Stöhr, Übersetzer und beste Kenner der Fatrasien respektive des Werks von Juri Andruchowytsch, lesen aus ihren Übersetzungen und geben im Gespräch Auskunft über ihre Arbeit an Sprachspektakeln, gereimten Ungereimtheiten, wilden Wortabgründen und apokryphen Traditionen – und über die eigene Lust am sprachlichen Widersinn.
Unibibliothek Leipzig, Beethovenstr. 6, 04107 Leipzig
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